Bessarabische Soundscapes: Die irisierenden Klangfarben des moldawischen Folk-Kammerjazz
Manche Landschaften schreiben sich unvergesslich ins Gedächtnis ein. Beispielsweise die kargen Wälder und Steppenlandschaften Moldawiens, einer der am wenigsten urbanisierten Republiken der ehemaligen Sowjetunion. Ein Großteil der oft lyrischen, meditativen Musik, die der gebürtige ukrainische Pianist Misha Alperin in seiner heutigen Wahlheimat Oslo (seit 1993 nach zehn Jahren in der russischen Hauptstadt Moskau) am liebsten während der Nachtstunden komponiert, ist – nach fast 20 Jahren in der Fremde – noch von seiner bessarabischen Heimat geprägt. Der Folk-Musik-Experte Alperin, der erst in seinen zwanziger Jahren mit dem amerikanischen Jazz in Berührung kam, ist seit der Bandgründung im Juni 1990 (anlässlich des 1. Internationalen Jazzfestes in Moskau) der Hauptkomponist des Moscow Art Trio.
Die Ästhetik des Moscow Art Trios radikalisiert die Emanzipa- tion des europäischen Jazz noch energischer als die mystische Vorgänger-Generation um Jan Garbarek (seit 1970): So arbeitet Misha Alperin nicht mehr unbedingt klassischen schwarzen Jazz in seine Musik ein, zeigt Parallelen zu zeitgenössischen Komponisten wie Frederico Mompou oder Alfred Schnittke oder „gräbt“ in der Klassik – und vertraut gelassen auf die archaische Kraft südosteuropäischer Folk-Dialekte.
In den vergangenen Jahren ist die von Alperin (er spielt auch Akkordeon und Melodika) früh selbstbewußt formulierte Ton-Poetik für den zeitgenössischen Jazz europaweit längst verbindlich geworden.
„Alle Folk-Musiken gehören zur gleichen Familie“, behauptet Alperin . Und ergänzt: „Ich würde gerne alle Barrieren und Grenzen niederreißen – nicht nur in geographischer, sondern auch in historischer Hinsicht, also zwischen den Epochen. Denn wenn man moldawischer Volksmusik intensiv zuhört, wird man bald Strukturen entdecken, die in der ganz östlichen Welt anzutreffen sind. Und andererseits, wenn ich beispielsweise Jan Garbarek höre, sogar seine Joik-Musik, klingt sie für mich moldawisch.“
5. Juni 2009
20.00 Uhr, Bachkirche Arnstadt