DIE GESCHICHTE

Sie waren schon eine multikulturelle Gesellschaft, lange bevor dieser Terminus für Völkerverständigung via Kunst zur Modephrase degenerierte:  BAYON, um 1971/72  gegründet, rekrutierte sein Personal aus mindestens drei Erdteilen, wobei Bandchef Christoph Theusner (DDR) und Sonny Thet (Kambodscha) den harten Kern einer Gruppe von Multiinstrumentalisten bildeten. Theusner ließ  sich in jungen Jahren bei den „Garage Players“ durchaus vom Blues inspirieren, er intonierte Hendrix-Glissandi und zupfte harten, heftigen Rock. Aber die einfachen Strukturen der Roots-Akkorde hielt er für „zu  einförmig“ und mithin als Wegweiser in die Sackgasse. Das hieß, den tantiemeträchtigen Teufelspakt mit der Hitparade zu verweigern. Bedeutete aber auch, sich Anerkennung durch den Außenseiterstatus zu erspielen.
(Aus dem Vorwort zur CD „Rock aus Deutschland OST Vol 18 –  BAYON“ von Olaf Leitner)

DER NAME DER BAND

Die klassisch grundierten, meditativ und stimmungsvariabel arrangierten Klanggebilde mit himmlisch ausufernden Längen – etwa bei den Suiten – waren unter einfachen Rubriken wie Rock, Folklore oder Jazz nicht mehr zu katalogisieren. Zudem irritierte Theusners Hinweis, „keine experimentelle Musik“ vorzuführen. So macht auch der Gruppenname Sinn:

BAYON – eine kambodschanische Götterfigur, die mit vier Köpfen in vier Himmelsrichtungen schaut.

DIE MUSIK

Das Publikum war bei der diffizilen Bläser-, Zupf- und Streicher-Lautmalerei mit subtiler Percussions-Basis auf sich allein gestellt. Der Zugang zu BAYON musste mit Hilfe eigener Phantasie und Sensibilität erschlossen werden. Entsprechend weigerte sich die Gruppe, bei ihren Kompositionen durch eindeutig beschreibende Titel Hinweise auf Inhalt und Aussage zu ermöglichen.

DIE FRÜHEN WERKE

Schon früh entstanden Bühnenmusiken, etwa zu Heiner Müllers Drama „Der Traktor / Die Schlacht“. BAYON untermalte Hörfunk-Features, Fernsehspiele und Filme. Immer gelang es dem Ensemble, einen ureigen Kunstanspruch zu verwirklichen und sich für unterschiedlichste Einflüsse offen zu halten. Ohne dabei ins Kunstgewerbliche abzugleiten oder sich in Manierismen zu flüchten.

DIE MUSIKLEGENDE

Kritiker lobten BAYON’s „kunstvolle Schlichtheit, die die große Sorgfalt des Gestaltens offenbart“ und die „ästhetische Kultur, die musikalische Unaufdringlichkeit, die starke assoziative Kraft“.
Vielleicht hatte einst BAYON nichtsahnend die „New Age“- Musik erfunden. Noch ehe sie zum Trend wurde und zum Markenartikel abstieg und folgerichtig banalisiert und vermarktet wurde.

BAYON – das bleibt eine zeitgemäße Musik von damals

Und noch heute machen BAYON, in wechselnder Besetzung, das, was sie schon immer am besten konnten: Gute Musik.

6. Juni 2002, Bachkirche zu Arnstadt